Dies soll der erste Artikel einer loseren Serien sein, in der es darum geht, wie man sich die Souveränität über die eigenen Daten zurückholt und auf Services verzichtet, bzw. Services ersetzt, von denen man bisher meinte, man hätte sich in eine Abhängigkeit begeben.
Disclaimer: Alle Artikel dieser Serie basieren auf meinen eigenen Erfahrungen und letztlich habe ich alles, was ich hier schreibe auch so umgesetzt. Ich kam von MacOS, daher ist meine Erfahrung, was diese Migration unter Windows angeht, etwas begrenzt. Ich versuche das aber im Detail nachzuliefern.
Dieser Artikel ist keine Installationsanleitung. Diese gibt es für alle erdenklichen Szenarien. Solltet ihr Support und Tips brauchen, trötet mich am besten auf Mastodon an (https://mastodon.social/@bastian_S). Vielmehr soll der Artikel einen Migrationsweg zeigen und so verdeutlichen, was möglich ist und wie man, wenigstens in Teilen, die Hoheit über seine Daten zurückerhält, indem man Dinge einfach selber macht.
Was ist Nextcloud und wozu wird es benötigt?
Zunächst ein wenig Geschichtsunterricht. Nextcloud ging aus dem damaligen Open Source Projekt „OwnCloud“ hervor und wurde seitdem stetig weiterentwickelt.
Nextcloud lässt sich am ehesten als Dropbox/OneDrive zum Selber-Hosten bezeichnen. Das bedeutet, man hat mit Nextcloud einen zentralen Speicher, auf den mit Notebooks und Smartphones zugegriffen werden kann. Wer ohnehin Dropbox oder OneDrive nutzt, wird wissen, was ich meine.
Apps gibt es für iOS, Android, Windows, MacOS und Linux.
Neben der genannten Kernfunktionalität bietet Nextcloud unzählige Erweiterungen in Form von nachinstallierbaren Apps.
Wichtig sind an dieser Stelle jedoch Kontakte und Kalender, da dies Funktionen sind, die ich nicht mehr durch einen Dritten bereitstellen lassen möchte.
Weiterhin lässt sich eine Nextcloud Instanz von mehreren Personen nutzen. Die eigene Familie, der eigene Freundeskreis oder noch größere Kreise können also theoretisch versorgt werden.
Wie und wo kann ich Nextcloud betreiben?
Nextcloud lässt sich grundsätzlich auf vielen Plattformen betreiben.
- NAS Systeme (z.B. von Synology)
- Raspberry Pi
- Linux Server
- Docker Images
Weiterhin bieten Anbieter wie Hetzner fertige Images an, aus denen sich die eigene Nextcloud installieren lässt.
Andere Anbieter bieten eine gehostete Umgebung an, in der man sich nicht um die Installation kümmern muss.
Betrachtet man das letzte Szenario nicht, muss man sich außerdem Gedanken über die folgenden Dinge machen:
- eigene Domain
- SSL Zertifikat
Wichtig ist, dass eine Nextcloud nicht zwingend aus dem Internet erreichbar sein muss, wenngleich es die Dinge in der Nutzung stark vereinfacht. Es ist durchaus denkbar, dass man Nextcloud auf dem NAS zu Hause installiert und nur im eigenen Netzwerk synchronisiert. Änderungen werden so natürlich nur übernommen, wenn man sich mit dem zu synchronisierenden Gerät im heimischen Netzwerk befindet.
Ich habe Nextcloud bei mir zu Hause in einem Docker Container, in einer relativ komplizierten Architektur. Einen Technik-lastigen Artikel zu meinem gesamten Setup verfasse ich noch.
Für Anfänger und ist die Hosting Option wohl die beste Variante, dicht gefolgt von der Installation auf einem vorhandenen NAS, wenn man die Nextcloud gern selbst betreiben möchte. Hier ist auch die Erreichbarkeit aus dem Internet relativ leicht umgesetzt, jedenfalls bei Synology.
Wichtig: achtet darauf, dass eure Nextcloud über ausreichend Speicher verfügt, insbesondere dann, wenn ihr den Zugriff für mehrere Personen bereitstellen wollt.
Nextcloud läuft, wie geht es weiter?
Dateien und Ordner übernehmen
Ich gehe davon aus, dass bereits ein User (der erste im Zuge der Installation) eingerichtet wurde. Legt euch hier wahlweise einen zweiten User, ohne Adminrechte an und nutzt diesen.
Ladet euch hier hier zunächst den Client für euer Desktop-Betriebssystem herunter: https://nextcloud.com/install/#desktop-files
Falls ihr dabei seid auf Linux zu wechseln, installiert euch den Nextcloud Client unbedingt zuerst in dem Betriebssystem, von dem ihr wechseln wollt.
Bei Ubuntu könnt ihr den Nextcloud Client später bequem aus dem App-Store als Snap Image installieren, andere Linux Distributionen haben in der Regel eigene „App Stores“ (Package Repositories), aus denen Software und so auch der Nextcloud Client installiert werden kann.
Bei der Einrichtung muss die Adresse eurer Nextcloud Instanz angegeben werden. Das ist die URL, über die ihr auch eure Nextcloud Website erreicht. Solltet ihr Nextcloud nur intern in eurem Netzwerk nutzen, ist das u.U. nur die IP Adresse.
Für die Übernahme der Dateien aus Dropbox, OneDrive, iCloud Drive, Google Drive, usw., verschiebt einfach die gesamte Ordnerstruktur aus dem Syncverzeichnis des bisherigen Dienstes, in das Syncverzeichnis, dass der Nextcloud Client nutzt. Der Upload dauert je nach Datenmenge und verfügbarer Bandbreite etwas länger, aber wenn das Task- oder Menüleistensymbol einen Harken zeigt, ist der Sync abgeschlossen.
Kontakte und Kalender übernehmen
Nextcloud ist u.a. in der Lage, Kontakte und Kalender zu verwalten. Auch gemeinsame Kalender sind möglich, insbesondere, wenn alle Teilnehmer die gleiche Nextcloud Instanz nutzen.
Beide Funktionen können über die Appverwaltung installiert und aktiviert werden. Abrufbar sind Kontakte und Kalender dann über CardDav (Kontakte), bzw. CalDav (Kalender).
Migration
Zunächst müsst ihr die CardDav- und CalDav URLs herausfinden.
- CalDav: im Nextcloud Webinterface, oben auf Kalender und dann unten links auf Kalender Einstellungen. Dort ganz nach unten scrollen und die entsprechende Adresse kopieren.
- CardDav: im Nextcloud Webinterface, oben auf Kontakte und dann unten links auf Kontakte Einstellungen. Dann unter „Adressbücher“, rechts auf die drei Punkte klicken und den Link kopieren
Speichert am besten beide Links temporär in einer Textdatei.
Setzt ihr iCal unter MacOS ein, ist die Übernahme der Daten relativ einfach.
Ich verweise für Einrichtung an dieser Stelle einfach auf die Anleitung bei Mailbox.org: https://kb.mailbox.org/de/business/adressbuch-und-kalender/caldav-und-carddav-fuer-mac-os-x-und-ios/
Lediglich die Adresse zum CalDav Server und eure Zugangsdaten müssen denen der Nextcloud entsprechen.
Zur Datenmigration, exportiert einfach alle Kalenderereignisse aller Kalender: https://support.apple.com/de-de/guide/calendar/icl1023/mac
Erstellt im nächste Schritt die entsprechenden Kalender in der Nextcloud. Dies könnt ihr über Apple iCal machen (Ablage -> Neuer Kalender) oder direkt im Webinterface der Nextcloud. Wartet in beiden Fällen einen Augenblick, bis alles synchronisiert wurde.
Abschließend könnt ihr dann die einzelnen Exporte der iCal Kalender über iCal in die Nextcloud Kalender importieren (Ablage -> importieren). Nach dem Zielkalender werdet ihr kurz vor dem Import gefragt.
Die Übertragung der Kontakte ist einfacher. Wenn ihr die Nextcloud Kontakte in das Apple Adressbuch eingebunden habt, könnt ihr alle Kontakte aus dem ursprünglichen Adressbuch markieren und per Drag & Drop in das Nextcloud Adressbuch kopieren. Verschoben/gelöscht wird dabei nichts.
Wenn beides erfolgreich erledigt ist, könnt ihr die Daten bei iCloud, Google, etc. löschen und/oder die Synchronisation deaktivieren.
Unter Windows würde ich temporär Thunderbird installieren, das ursprüngliche Konto einrichten und dann ähnlich vorgehen. Ggf. müssen hier die Kontakte exportiert und in das Nextcloud Konto importiert werden, weil Drag & Drop nicht funktioniert.
Ich kann leider erst in 1-2 Wochen Infos zur genauen Vorgehensweise unter Windows liefern und aktualisiere dann diesen Artikel entsprechend. Falls ihr mehr wisst, lasst es mich gern wissen. Dann würde ich die Infos ggf. übernehmen.
Smartphone
Für Smartphones (Android, iOS) existieren Apps für Nextcloud, um die Datei Synchronisation zu gewährleisten.
Fotos können ganz bequem automatisch in der Nextcloud gespeichert werden. Wählt dazu in der App unter „Mehr -> Einstellungen ->Automatisches Hochladen“ die entsprechenden Optionen (iOS, unter Android wahrscheinlich ähnlich).
Für Kalender und Kontakte unter iOS verweise ich an dieser Stelle nochmals auf die Anleitung von Mailbox.org: https://kb.mailbox.org/de/business/adressbuch-und-kalender/caldav-und-carddav-fuer-mac-os-x-und-ios
Android unterstützt Card- und CaldDav nicht nativ. Die App DAVx5 rüstet diese Unterstützung scheinbar nach. Auch hier kann ich leider erst in 1-2 Wochen Infos aus erster Hand liefern und lasse diese dann in den Artikel einfließen.
Sobald ihr alles in euer Smartphone eingebunden habt, könnt ihr die Synchronisation der Kontakte und des Kalenders eures alten Anbieters deaktivieren.
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